Lukas Kaut von den Ravensburger Junior RAMS hat die wohl spannendste Phase seiner jungen Handballkarriere erfolgreich abgeschlossen. Hier der Bericht der Schwäbischen Zeitung vom 24.05.2022:

Die vergangenen Tage sind für Lukas Kaut sicher die aufregendsten Tage seiner sportlichen Laufbahn gewesen. Mit der deutschen Nationalmannschaft der Gehörlosen nahm der 16-jährige Ravensburger Gymnasiast an den Deaflympics, quasi den Olympischen Spielen der Gehörlosen, in Brasilien teil. Deutschland kam bis ins Finale, Lukas Kaut also mit einer Silbermedaille im Gepäck wieder zurück nach Oberschwaben. „Allein die Nennung deines eigenen Namens bei der Vorstellung der Spieler reicht schon aus, um genug Adrenalin fürs Spiel zu haben“, sagt Kaut.

Erster Finaleinzug der deutschen Handballer seit 29 Jahren

Zum 24. Mal gab es die Deaflympics, coronabedingt wurden sie von 2021 auf 2022 verschoben. Laut offizieller Statistik starteten rund 2400 Athletinnen und Athleten aus 73 Nationen bei den Spielen in Brasilien. Die deutschen Handballer waren in den vergangenen Jahren viermal im Halbfinale gescheitert, dieses Mal gab es in der Vorschlussrunde ein souveränes 34:22 gegen die Türkei und damit den Finaleinzug. Zum ersten Mal seit 29 Jahren standen gehörlose Handballer aus Deutschland wieder im Endspiel der Deaflympics.

Mittendrin: Lukas Kaut. „Mit dem Turnier an sich und meiner Rolle im Team war ich sehr zufrieden, da ich natürlich weiß, dass ich mit 16 noch lange nicht das Niveau zum Beispiel von Tomate (Jörg Tomaschewski, Anm. der Red.) oder Sebastian Klein erreicht habe“, sagt der Gymnasiast. „Da ich aber den Eindruck hatte, dass meine Trainer mit mir zufrieden waren, bin ich auch zufrieden. Ich weiß aber, dass immer Verbesserungen möglich sind.“

Im zweiten Vorrundenspiel gibt es den ersten Treffer

Kaut, der normalerweise mit der B-Jugend des TSB Ravensburg in der Verbandsklasse spielt, blieb im ersten Gruppenspiel gegen Serbien (30:25 für Deutschland) noch ohne Tor. Im zweiten Vorrundenspiel der Gruppe A zwei Tage später gegen Kenia war Kaut dann beim ungefährdeten 43:17-Sieg unter den deutschen Torschützen. „Das Gefühl ist grandios, auf der Platte zu stehen und ein Tor für Deutschland zu werfen“, meint Kaut.

Erfolgreich ging es für die Deutschen weiter. Das dritte Gruppenspiel gegen Gastgeber Brasilien endete mit 43:20, der Ravensburger steuerte drei Treffer zum Sieg bei – bei drei Wurfversuchen. Zunächst traf Kaut von Linksaußen zum 40:18, bei einem Konter ließ er das 41:18 folgen, wenig später war er auch für den 43. und letzten Treffer der Deutschen verantwortlich. „Die Stimmung im Team war sehr gut“, sagt Kaut über einen Grund für den Erfolg. „In dem Umfeld, das wir hatten, konnten wir uns so gut vorbereiten, dass wir konzentriert und fokussiert die Spiele angehen konnten.“

Beim Fußball, Golf und Schwimmen vorbeigeschaut

Sofern es die Zeit in Brasilien erlaubte, schauten Kaut und seine Teamkollegen auch bei anderen Sportarten vorbei. „Ich war unter anderem beim Fußball, Golf und Schwimmen dabei“, sagt Kaut. Die deutsche Delegation war in einem Hotel etwas außerhalb von Caxias do Sul, einer Stadt im Süden Brasiliens mit rund 500 000 Einwohnern, untergebracht. Über das Handy hielt Kaut „meine Familie, Bekannte und Freunde auf dem Laufenden“. Viele schauten sich auch seine Spiele an – natürlich auch das Finale gegen den großen Favoriten Kroatien, das Deutschland mit 21:32 verlor. „Wir sind stolz auf die Deafboys!“, teilte der Deutsche Gehörlosen-Sportverband trotz der Finalniederlage mit.

Die nächsten Ziele hat Lukas Kaut schon vor Augen

Und auch Lukas Kaut ist zufrieden nach Ravensburg zurückgekehrt. „Deutschland repräsentieren zu dürfen, ist eine Chance, die man nicht so schnell wieder bekommt.“ Mit der Silbermedaille wird er immer eine Erinnerung an die Deaflympics haben. „Ich werde eine Dose oder Verpackung finden, damit sie nicht kaputt geht und ich weiß, wo sie ist, sodass ich sie nicht verliere.“

Im September wird es den nächsten Lehrgang der deutschen Gehörlosen-Handballer geben, im kommenden Jahr ist die Weltmeisterschaft in Kopenhagen. „Da bin ich dann hoffentlich auch wieder dabei“, sagt Kaut. Der Ravensburger wird wohl noch einige aufregende Tage als Nationalspieler erleben.